| Die Vorstellung vom Tod als einer Reise ins Jenseits findet sich in fast allen alten Kulturen. Besonders vertraut ist sie uns aus der griechischen Mythologie. Hermes, der Gott der Kaufleute, Diebe und Schwindler, gilt dort auch als 'Psychopompes', als Seelenführer, der die aus dem Diesseits abberufenen in die Unterwelt geleitet. Auf dieser Vorstellung gründet die Sage von Alkestis: sie opfert ihr Leben für ihren kranken Gatten Admet, indem sie an seiner Stelle die Reise in den Hades antritt. Das Alkestis-Drama des Euripides hat auf dem abendländischen Theater weitergewirkt. In unserem Jahrhundert versuchten HofmannsthaI und Wilder, dem Stoff eine neue poetische Gestalt gegeben. Auch das Hörspiel von Marie Luise Kaschnitz bemüht sich darum. Die Spannung zwischen mythologischem Schema und moderner Erfahrung wird hier nicht symbolistisch versöhnt oder psychologisierend überbrückt, sondern in der Handlung selbst ausgetragen. Dadurch bekommt die Alkestis-Sage eine neue Wendung. Admet kann das Lebensopfer seiner Frau nicht annehmen; er ruft sie aus dem Schattenreich zurück und tritt nun selbst die schwere, nicht übertragbare Reise an. |
